Stillen in der Öffentlichkeit oder "stillfreundliche" Orte
- BFB an der See

- 2. Nov.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Nov.

Es gibt Cafés, Restaurants, Einkaufszentren und sogar ganze Städte, die das Label "stillfreundlich" tragen.
Klingt ja erstmal super. Ist es auf den ersten Blick auch, auf den zweiten Blick wird einem dann wahrscheinlich bewusst, wie absurd es ist, dass es dieses Label überhaupt braucht.
Stillfreundlich? Also ich darf mein Baby hier tatsächlich ernähren? Danke!
Nur, weil die Öffentlichkeit zu einem Ort geworden ist, der eben per se nicht stillfreundlich ist, musste man (bzw. ich nehme mal stark an, Frau) diese Safezones (ob sie das denn auch wirklich sind, dazu später mehr...) überhaupt einrichten.
Und versteht mich nicht falsch, es ist gut und wichtig, dass erkannt wurde, dass es Handlungsbedarf gibt. Allein die Tatsache, dass "stillfreundlich" leider keine Selbstverständlichkeit ist, macht mich.... wütend? Traurig?
Aber fangen wir doch erstmal an, uns zu fragen, was mit "stillfreundlich" gemeint ist.
Stillfreundlich könnte bedeuten, dass es grundsätzlich erlaubt ist, an diesem Ort zu stillen. Es könnte bedeuten, dass es eine Infrastruktur oder Ausstattung gibt, die das Stillen erleichtert. Oder es könnte bedeuten, dass man sich hier als Stillende tatsächlich wohl und sicher fühlen kann.
Im Handlungsleitfaden stillfreundliche Kommune des Deutschen Hebammenverbands, finden sich mehrere Kriterien.
Zum Beispiel Markierungen für Orte, an denen Frauen stillen oder Eltern ihr Baby ernähren können und bedingungslos willkommen sind.
Auch wird im Leitfaden darauf eingegangen, dass Stillfreundlichkeit viel früher ansetzen muss. Es geht eben nicht nur darum, Schilder aufzustellen. Sondern darum, Stillförderung auf allen Ebenen aktiv umzusetzen, damit es eben diese Schilder irgendwann nicht mehr braucht.
Bedeutet: Stillfreundliche Geburtskliniken, geschultes Fachpersonal, Vereinbarkeit von Stillen und Beruf, Sichtbarkeit des Stillens im Alltag, Anwaltschaft und so weiter und so fort.
Die Quintessenz ist, dass man sich als Stillende in der Öffentlichkeit sicher fühlen möchte. Und dafür braucht es mehr als ein Schild.
Wenn ich mich im Einkaufzentrum an einen stillfreundlichen Ort setze und mein Baby stille, tauche ich leider nicht automatisch in eine Bubble ein, in der ich nicht mehr angreifbar bin. Die Kommentare werden nicht rausgefiltert und die pikierten (oder sogar lüsternen) Blicke nicht umgeleitet. Die Frage ist also weniger, ob ich an diesem Ort stillen darf, sondern, ob ich es möchte.
Und während ich große Verfechterin des "Jetzt-erst-Recht-Stillens" immer und überall bin und auch glaube, dass Stillen einfach wieder sichtbarer sein muss, sollte der Anspruch sein, dass Stillende sich nicht mit Kommentaren wie:
"Können Sie sich nicht bedecken?"
"Da möchte man ja gerne tauschen!"
"Ich möchte hier essen, ohne dass Sie sich ausziehen."
"Die Kleine hat Sie ja ganz schön im Griff!"
auseinandersetzen müssen, sondern unbesorgt und völlig entspannt ihre Titten auf den Tisch legen können und einfach ihr Baby ernähren.
Jeder Ort sollte ein stillfreundlicher Ort sein.
Das Forschungsvorhaben Becoming Breastfeeding friendly hat Deutschland 2019 übrigens als insgesamt moderat stillfreundlich eingestuft.
Ausgewertet wurden Daten zu den Unterthemen "Gesetzgebung & Finanzierung" (hoher Score), "Politischer Wille, Zielsetzung, Koordination, Bildung, Stillberatung & Anwaltschaft" (mittlerer Score) und "Werbung, Forschung und Evaluation" (niedriger Score).
Da ist, wie sagt man so schön, noch Raum nach oben.
Quellen:
Deutscher Hebammen Verband (2024): Handlungsleitfaden stillfreundliche Kommune. Link: 2/24 Handlungsleitfaden stillfreundliche Kommune
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2019): So wird Deutschland stillfreundlich. Link: So wird Deutschland stillfreundlich! Faktenblatt Ergebnisse

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